Nur Pferde im Kopf
Solange ich denken kann, hatte ich nur Pferde im Kopf. Schon sehr früh machte sich die Leidenschaft in mir bemerkbar. In meiner jüngeren Kindheit musste zunächst unser Hausschwein als Reittier herhalten, später waren es dann wirkliche Pferde. Ich war hoffnungslos pferdeverrückt und diese Leidenschaft sollte mein ganzes späteres Leben bestimmen.
Aber neben meiner Pferdeverrücktheit gab es noch etwas, was mein Leben sehr bestimmen sollte. Das war mein Glaube. Als Jugendlicher entschied ich mich für ein aktives Leben mit Jesus Christus und begann mich in der Kirche und im CVJM zu engagieren. Doch immer waren da die Pferde, die mich in ihren Bann zogen. So konkurrierten diese beiden Leidenschaften eine ganze Weile miteinander. Ich stand oft zwischen ihnen in einer Art Zerrissenheit.
Die Arbeit von SRS
Als ich in 1985 die sportmissionarische Arbeit von SRS kennenlernte, war das wie ein Befreiungsschlag. Ich lernte, Glauben und Sport sind absolut nichts Konträres, im Gegenteil, Gott hat uns Begeisterungen und Begabungen gegeben damit wir sie einsetzen. Denn nur wo wir begeistert sind, machen wir einen guten Job und wo wir einen guten Job machen, geben wir ihm die Ehre.
Das gab mir die Freiheit, meine Leidenschaft Pferd noch intensiver zu leben. Aber auch das Bedürfnis, meinen Glauben mit dieser Leidenschaft praktisch zu verbinden. Und ich wollte zu Gottes Ehre einen guten Job machen. So begann ich, kleine Showvorführungen einzustudieren und diese bei Pferdesportveranstaltungen, Zeltevangelisationen, Jungschartagen, usw. zu zeigen.
Ich wollte die Menschen zum Staunen bringen und ihnen gleichzeitig mitteilen, dass Christen keine weltfremden Sektierer , sondern Menschen sind, die mit beiden Beinen im Leben stehen, die Leistung bringen können und Spaß daran haben dürfen.
Die Arbeit mit den Pferde wurde zu meinem Hauptberuf
Das begeisterte die Menschen. So kam es, dass ich in 1993 gefragt wurde, ob ich mit SRS auf der Equitana, der Weltmesse des Pferdesports, in Essen auftreten wolle um über meine Vorführungen Messebesucher auf die christliche Botschaft aufmerksam zu machen. Mit meinem Showpony einmal auf dieser Megamesse aufzutreten, hatte ich mir bis dahin nicht vorstellen können, aber es geschah. Dadurch wurde ich bekannt und gefragt. Das war der Einstieg in mein totales Leben mit den Pferden.
Nach und nach reduzierte ich meinen bisherigen Job, bis einige Jahre später die Arbeit mit den Pferden zu meinem Hauptberuf wurde. Ich wurde für Kurse gebucht, für Shows, referierte bei Pferdeseminaren, schrieb Bücher über Pferdeausbildung, drehte Filme, und trat regelmäßig auf den großen Pferdemessen und anderen Pferdesportveranstaltungen auf. Ja, sogar ein Kinofilm wurde über mich und mein Leben mit den Pferden gedreht. Ich wurde zu einem der bekanntesten Pferdetrainer im deutschsprachigen Raum. Und immer war es mir wichtig, dass Gott mit dabei war und dass dies in Wort und Tat Ausdruck fand.
Ich hatte dieses Pferd falsch eingeschätzt
Eines Tages passierte es dann, bei einem Kurs kam es durch mein Verschulden zu einem Trainingsunfall, bei dem ein Pferd umkam. Ich hatte dieses Pferd falsch eingeschätzt, ich hätte die Aktion früher abbrechen sollen. Ich war sehr betroffen. Ich versuchte den Schaden soweit es ging wieder gut zu machen. Ich änderte meine bisherige Vorgehensweise, informierte die Fachpresse über diesen Vorfall, aber auch alle Teilnehmer der nachfolgenden Kurse. Ich regelte den Schaden mit der Besitzerin des Pferdes und stellte mich den Anfragen der Presse. Was ich nicht konnte, war dieses Pferd wieder lebendig zu machen.
Aber trotz all meiner Bemühungen um Wiedergutmachung kam es zu einem riesigen Shitstorm in den sozialen Netzwerken. Zwei Kollegen hatten diesen Monate danach initiiert, wohl mit der Idee, daraus eigene Vorteile zu ziehen. Außerdem hatten sie einen Fernsehsender auf mich angesetzt und mich bei einem Veterinäramt angezeigt. Ein Gericht erkannte in diesem Trainingsunfall daraufhin einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und weil außerdem inzwischen ein hohes öffentliches Interesse an diesem Fall entstanden war, legte man mir eine Geldstrafe auf. Auch das wurde wiederum von diesen Leute genutzt, um mich in einer großen Kampagne öffentlich als verurteilten Pferdeschänder darzustellen.
Ich war ganz unten
Ich erlebte schlimme Zeiten. Eine Welle des Hasses schlug mir entgegen. Mir völlig fremde Menschen überschütteten mich mit Hassparolen und verletzenden Aussagen. Damit konnte ich nicht umgehen, solche Dinge hatte ich mir bisher nicht vorstellen können. Ich wurde beschimpft, verletzt, beleidigt und gedemütigt. Ich war ganz unten. Daran konnten auch die vielen ermutigenden, unterstützenden und freundschaftlichen Zuschriften und Anrufe guter Kollegen, ehemaliger Kursteilnehmer und Freunde nichts ändern.
Mir war schon klar, das Christen auch nicht immer nur Gutes erleben, dennoch stellte ich mich selbst in Frage, wollte meinen Beruf aufgeben, wollte die Pferde abgeben, wollte abtauchen aus der Szene. Das ganze dauerte über zwei Jahre. Noch heute sitzen diese Erlebnisse mir tief in der Seele und noch immer erlebe ich Auswirkungen aus dieser Zeit. Aber ich habe gelernt, in die Tiefe zu gehen, noch mehr das Gespräch mit Gott zu suchen und manche meiner Sichtweisen zu ändern. Das gibt mir Gelassenheit, mehr Barmherzigkeit im Umgang mit Anderen und das Vermögen, mehr die wesentlichen Dinge des Lebens zu sehen und zu beachten. Meinen Kontrahenten gegenüber bemühe ich mich Vergebung zu zeigen, denn Gott macht mich heil, er hat mich geheiligt. Darum denke ich viel darüber nach, wie wir miteinander umgehen.
ER heilt auch
Ja, Gott ist gut, auch in den Winterzeiten des Lebens. Er lässt manchmal zu, dass Dinge zerschlagen werden, aber er heilt auch.
Denn Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. (2. Tim 1,7)
Peter Pfister