Als ich 17 Jahre alt war trat ein wunderschöner und besonderer Schecke in mein Leben. Wir nannten ihn „Trusty“, was sich aus „Trust him“ ableitete. Wir wünschten uns ein Pferd, dem wir vollkommen vertrauen können. Der Name wurde Programm; jedoch auf eine andere Weise als es unser Plan war, denn Gott hatte einen anderen Weg mit uns vor!
Schnell wurde in der Zusammenarbeit klar, dass wir beide einige Baustellen hatten. Im Gelände rastete er immer wieder aus und seine Angst vor Unbekanntem war groß. Sein Verhalten war in der Zusammenarbeit zum Teil unvorhersehbar. Ich erkannte Gründe seiner Panik nicht; an einem Tag konnten Umstände für ihn in Ordnung sein und am nächsten nahm er dies zum Anlass, um durchzudrehen. Er setzte seinen Fokus auf seine Umstände, anstatt auf mich zu schauen. Seine Haltung bei der gemeinsamen Arbeit war verweigernd und im nächsten Augenblick explosiv. Lieber nahm er die Führung in seine Hand und setzte sie mit aller Kraft durch. Er traute sich nicht sich fallen zu lassen und Sorgen abzugeben. Als Einzelkämpfer ging er voller Angst durchs Leben. Für mich wurde er zunehmend unberechenbar und auch meine Angst vor seinen Reaktionen wuchs. Mehrfach versuchte er mich loszuwerden, ob am Strick oder von seinem Rücken. Ich war verzweifelt, doch der Gedanke ihn zu verkaufen und aufzugeben brach mir das Herz. Täglich nahm ich mir viele Stunden Zeit um in seine Versorgung und Beschäftigung zu investieren. Was ich dafür empfing war meist körperlicher und seelischer Schmerz, durch Verletzungen und Ablehnung von ihm. Er schaffte es nicht mir zu vertrauen!
Ich bin genauso wie Trusty
An einem unvergesslichen Tag rannte er plötzlich am Seil los und schlug nach mir aus. Dabei traf er mich an Arm und Bauch und ich flog in den Sand. Obwohl ich diese Ablehnung zu spüren bekam war meine Liebe zu ihm dennoch unfassbar groß. Ich war enttäuscht, aber nicht verärgert. Mein Arm und mein Bauch hatten Schrammen davongetragen und bleibende Erinnerungen. Als ich am nächsten Morgen im Radio ein Lied hörte mit der Textpassage „I can´t believe what I did for love“ traf es mich ganz tief im Herzen. Erst musste ich an das Erlebte vom Vortag denken und hatte das Gefühl ich könne diese Passage zu Trusty sagen, doch nicht ich war es, die dies sagen konnte…
In dem Augenblick sagte Jesus diese Zeile zu mir!
Denn ich bin genauso wie Trusty. In Situationen in denen es darauf ankommt zu vertrauen, reiße ich die Führung meines Lebens an mich und baue auf meine eigene Einschätzung. Wenn schwierige Umstände mich umgeben, renne ich los und versuche in Flucht oder Kampf zu gehen, anstatt zu schauen was Jesus mit mir vorhat. Wie oft wage ich es nicht mich bei Ihm fallen zu lassen, sondern reiß mich los und trete ihn mit Füßen. Dabei hat er ALLES für mich gegeben! Seine Schmerzen, die er ertragen hat sind unvorstellbar und ich kann gar nicht begreifen, was ER aus Liebe zu mir tat! Egal wie häufig ich ihn ablehne, ER gibt mich nicht auf! Im Gegenteil er hat sich selbst verkauft und damit den Preis für meine Schuld bezahlt, damit der Weg frei ist zu ihm zukommen!
Tag für Tag ist er da, er geht mit mir und lässt mich nicht im Stich, sondern steht offen für mich da mit dem Angebot ihm zu folgen! Genauso wie ich in der Freiarbeit für Trusty da bin und ihm anbiete mir nachzufolgen. Dabei lade ich ihn ein seinen panischen Lauf der Angst aufzugeben und stattdessen bei mir seine Sorgen abzulegen und nachzufolgen!
Seine Strategie zu Überleben war Flucht und Kampf
Erst im Laufe der Jahre verstand ich immer mehr, warum Trusty mir nicht vertrauen konnte. Seine Prägung liegt bereits in früheren Erlebnissen, die er bei den ersten Begegnungen mit Menschen machte. Zu Anfang seines Lebens stand er erst halb vergessen auf der Wiese und kam dann in einen Beritt, der geprägt war von Gewalt. Es wurde versucht seinen Willen mit Druck zu brechen. Es wurden Forderungen an ihn gestellt, die er körperlich nicht ausführen konnte. Daher bekam er stärkere Konsequenzen zu spüren, die ihn dazu brachten zu „explodieren“. Seine Strategie zu überleben war Flucht und Kampf. Ich bin stolz, dass er kein „gebrochenes“ Pferd ist, sondern seinen Charakter behalten hat, jedoch hat dies tiefe Spuren hinterlassen. Seine Grundhaltung den Menschen gegenüber ist Skepsis und die Angst, dass dieser nicht das Beste mit ihm im Sinn hat. Im Laufe der Jahre lernte ich Reize kennen, die ihn an sein Trauma von damals erinnerten und triggerten auszurasten. Ich lernte mit positiver Energie und viel Liebe, aber auch mit klarer Konsequenz, mit ihm zu arbeiten. Er half mir dabei mein komplettes Denken auf den Kopf zu stellen und machte mich zu einer besseren Leiterin für ihn.
Dabei erlebte ich nicht selten, dass ich mich in Trusty entdecken konnte und wurde umso faszinierter von Jesus Geduld und Liebe mit mir! Denn Jesus ist es, der der Leiter meines Lebens sein möchte. ER hat den Überblick, über Situationen, die ich nicht einschätzen kann. ER versteht besser was mir gut tut, auch wenn ich es nicht verstehe. So steht ER mir gegenüber, wie ich Trusty, wenn wir gemeinsam frei arbeiten. Jesus lädt mich ein meinen Fokus weg von Dingen zu nehmen, die mir Angst machen und meinen Blick auf ihn zu richten. Er lädt mich ein ihm nachzufolgen und dabei Sorgen los zu lassen und zu vertrauen.
Vertrauen – das Stichwort und Thema in der Beziehung zwischen Trusty und mir und genauso das Ziel in der Beziehung zu Jesus. Ich möchte vertrauen und ihm die Führung überlassen!
Auch heute noch hören Trusty und ich nicht auf in diesem Bereich gemeinsam zu wachsen. Dabei wird Gottes guter Plan von Anfang an immer wieder deutlich. In den verzweifelten Zeiten habe ich es nicht verstanden, warum Gott uns nicht das Pferd geschenkt hat, wonach wir uns früher sehnten. Gott hat uns stattdessen das Pferd geschenkt was wir brauchten um zu wachsen. Doch es kommt noch besser; heute dürfen wir mit diesem einzigartigen und tollen Pferd einen christlichen Hof aufbauen auf dem wir weitergeben, was Jesus mich durch ihn gelehrt hat!
Yvonne Schmale place of faith